Arbeitszeugnisse Mitarbeiterbeurteilung Mitarbeiterführung

Muster Arbeitszeugnis mit negativer Beurteilung

arbeitszeugnis 1

Negative Arbeitszeugnisse zu ungenügenden Leistungen werden zurückhaltend und ungern verfasst. Man befürchtet oft arbeitsgerichtliche Konsequenzen, Konflikte mit Mitarbeitenden oder Verstösse gegen die Grundsätze des Wohlwollens und der Fairness.

Die Relevanz muss gegeben sein

Auch ist es nicht immer einfach, die Relevanz von Leistungen und die Mängel oder Schwere von Auswirkungen in der Leistungserbringung richtig einzuschätzen und eine negative Bewertung angemessen zu formulieren. Auch gemäss Bundesgericht muss oder sollte ein Arbeitszeugnis auch negative Tatsachen und Beurteilungen enthalten, sofern diese für die Gesamtbeurteilung des beurteilten Mitarbeitenden erheblich und von Relevanz sind. Codierungen und zweideutige Formulierungen sollten auf jeden Fall vermieden werden, da sie oft unterschiedlich interpretiert werden und damit zu Missverständnissen führen und zudem auch gesetzeswidrig sind.

Dazu gehört auch das bewusste Verschweigen oder Fehlen wichtiger Angaben, beispielsweise zum Verhalten. Zu berücksichtigen sind immer auch Dauer des Arbeitsverhältnisses, die Häufigkeit von Verfehlungen und Gründe, die zu diesen führen und Stellenwert und Bedeutung einer Leistung im Verhältnis zur Tätigkeit, Funktion und Position.

Negative Leistungen in Arbeitszeugnissen protokollieren

Verschweigt ein Arbeitgeber jedoch relevante negative Leistungen, nimmt dieser seine gesetzliche Pflicht nicht wahr. Und nicht immer stehen Arbeitsgerichte auf der Seite Arbeitnehmender, vor allem nicht, wenn das Bemühen für Fairness und Wohlwollen auch in einem negativen Arbeitszeugnis erkennbar ist und die Gesamtbeurteilung ausgewogen ist. Zudem empfiehlt es sich, negative Leistungen zu protokollieren (Mitarbeitergespräche, Zielvereinbarungen, Mitarbeiterbeurteilungen, Kundenreklamationen, interne Memos und dergleichen) damit man sie möglichst konkret belegen kann.

Der Konflikt zwischen Wahrheit und Wohlwollen in einem Arbeitszeugnis

Die Anforderungen an Wahrheit einerseits und Wohlwollen eines Arbeitszeugnisses andererseits gleichermassen erfüllen zu können, ist tatsächlich nicht immer einfach. Das folgende Arbeitszeugnis ist ein Beispiel, in dem zwar Leistungen insgesamt negativ bewerten werden, aber dennoch relativiert und Verständnis gezeigt wird, auch Positives und Stärken zur Sprache kommen und Wert auf förderndes Fortkommen gelegt wird. Man spricht in diesem Zusammenhang auch von der Brückentechnik, bei der negative Aussagen in positive eingebettet werden, womit damit auch dem Wohlwollen auf konkrete Weise Rechnung getragen wird. Dies zeigt exemplarisch das unten stehende Musterarbeitszeugnis.

Relativierende und objektivierende Aussagen anstreben

Eine sehr empfehlenswerte Formulierungstechnik bezieht auch bei schlechten Qualifikationen positive oder aufklärende Aspekte mit ein und relativiert und erklärt mit Umständen. Die zu erwähnenden Negativaussagen werden klar angesprochen und mit einer weiteren Aussage – dies kann eine Stärke oder eine relativierende Aussage sein – so verbunden, dass eine objektive Gesamtbeurteilung erfolgt.

Es ist weiteres Gebot der Fairness und der Relativierung, wenn angebracht und zutreffend auch betriebliche und individuelle Zusammenhänge in die Beurteilung miteinzubeziehen. Dazu gehören beispielsweise Stärken und Schwächen des Mitarbeiters im Gesamtbild, das Alter und allenfalls fehlende Erfahrungen, einschneidende Veränderungen in Aufgaben und ausgesprochen branchenspezifische Anforderungen und Ähnliches.

In dieser Häufung wie im nachfolgenden Arbeitszeugnis sind Relativierungen oder das “Gegensteuer-Geben” natürlich in der Praxis nicht angebracht. Das Musterzeugnis soll lediglich mit konkreten Formulierungen und Techniken zeigen, welche Möglichkeiten es gibt, auch ungenügende Leistungen auf faire Weise in einen objektiven Zusammenhang zu bringen. Beachten Sie dazu die Erläuterungen in den farblich formatierten Kommentaren.

Arbeitszeugnis-Muster mit negativer Beurteilung

Frau Sonja Fehr, geb. am <Datum>, trat am <Datum> als Mitarbeiterin im Aussendienst in unser Unternehmen ein. Frau Fehr vertrat als Vertriebsbeauftragte für Bürositzmöbel die Leistungen unseres Unternehmens im Raum Bern und Zürich.

Zu ihren Hauptaufgaben gehörte die nachhaltige Verstärkung unserer Marktposition bei Fachhändlern, Endabnehmern und Architekten. Insbesondere strebte Frau Fehr an, unsere Lieferanteile bei bestehenden Kunden auszubauen und neue Kunden hinzuzugewinnen (Wortwahl “strebte an” lässt erkennen, dass ihr dies nicht vollends gelang).

Neben der Bearbeitung ihres eigenen Verkaufsgebietes war sie als Verkaufsleiterin für die Einarbeitung, Führung und Unterstützung eines kleinen Mitarbeiterteams von fünf Personen zuständig. Es gelang ihr, ihre Mitarbeitenden für Ziele und Aufgaben zu motivieren. (Man nennt hier auch positive Punkte und eine konkrete Führungsstärke).

Frau Fehr bemühte sich, diesen Anforderungen jederzeit zu genügen. Dass ihr dies nicht in allen Punkten gut gelang, lag auch an den Kundenbedürfnissen sehr unterschiedlicher Art, was hohe Anforderungen stellte. (Hier wird mit einer Begründung Verständnis für die nicht zufriedenstellenden Leistungen gezeigt)

Die Arbeitsergebnisse entsprachen nicht immer unseren Ansprüchen. Die Tätigkeiten in diesem Bereich erfordern ein konzeptionell und analytisch sehr genaues und fehlerfreies Arbeiten. Dies bereitete Frau Fehr Mühe, wodurch es zu häufigen Kundenreklamationen und Kundenverlusten kam und unsere Marketingziele aufgrund fehlerhafter Analysen und Daten dann oft nicht erreicht wurden. (Man nennt die fehlenden Kompetenzen mit den folgenschweren Auswirkungen konkret und belegt damit deren Relevanz). Dass die Arbeitsergebnisse nicht immer zu unserer Zufriedenheit ausfielen, ist aber auch der Tatsache zuzuschreiben, dass wir Frau Fehr bei der Einstellung nicht genügend auf die hohen und sehr spezifischen Anforderungen ansprachen (Eine Selbstkritik in dieser Form relativiert ebenfalls).

Da Frau Fehr sich neu orientieren und ihre ausgesprochenen Stärken im Bereich Inneneinrichtungs-Design konsequenter nutzen möchte, dürften diese Mängel bei künftigen Stellen nicht mehr ins Gewicht fallen. (Hier zeigt man deutliches Wohlwollen, nennt Stärken und hilft ihr damit vor allem für ihr Fortkommen und die künftige neue Stelle) Zudem ist Frau Fehr eine äusserst flexible Mitarbeiterin, der wir auch die Fähigkeit zusprechen, an dieser korrigierbaren Schwäche zu arbeiten. (Man nennt nochmals eine Stärke von ihr und attestiert ihr auch – was ein starkes Signal von Wohlwollen und Fairness ist -, in der Lage zu sein, genannte Schwächen beheben zu können).

Aufgrund ihrer untadeligen Persönlichkeit und ihrer ausgesprochenen Kooperationsbereitschaft war Frau Fehr bei Vorgesetzten und Mitarbeitenden beliebt. Die Zusammenarbeit mit unseren Kunden war positiv und von zuvorkommender Kundenfreundlichkeit geprägt. (Ihr Verhalten wird konkret und glaubwürdig positiv beurteilt, was ebenfalls Gegensteuer gibt)

Die Auflösung des Arbeitsverhältnisses erfolgt am <Datum> im gegenseitigen Einvernehmen. Wir wünschen Frau Fehr auf ihrem weiteren Lebens- und Berufsweg alles Gute.

Zulässigkeit von negativen Aussagen im Arbeitszeugnis

Negative Äusserungen müssen für die Leistung oder das Verhalten im Rahmen der Tätigkeit, Funktion und Position vor allem relevant sein, nachweisbar schwerwiegende Auswirkungen haben und einen entsprechenden Stellenwert haben. Relevante Beispiele von Aufgaben, Leistungen und Tätigkeitsbereichen, welche eine Erwähnung und negative Bewertungen zulassen, sind diese:

  • Alkoholismus, der sich auf Leistungen und Verhalten für das Unternehmen schadhaft auswirkt
  • Fehlende Kompetenzen in Kernqualifikationen wie jene des obigen Arbeitszeugnis-Musters
  • Das Arbeitsklima schädigendes Verhalten wie Verleumdungen oder Lügen über Teamkollegen
  • Krasses Fehlverhalten gegenüber Kunden, welches wiederholt zu Kundenverlust führt
  • Wiederholte Fehler in der Maschinenbedienung, welche die Sicherheit gefährden
  • Wiederholt schwerwiegende Fehler in Kernaufgaben, die hohe Kosten oder Kundenverluste verursachen

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