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Materielle Anreize: Ansporn oder Motivationskiller?

Mitarbeiter beurteilen

Studien belegen mal das eine, mal das andere, und man schaut sich oft die Studien an, die die eigene Meinung bestätigen. Die Diskussion wird oft kontrovers geführt. Wir meinen: Finanzielle Anreize wirken auf Dauer nicht nachhaltig und belohnen die Falschen!

Materielle Anreize ziehen die Falschen an, sind nicht nachhaltig, verringern die Loyalität4 der Mitarbeiter, verleiten zum Missbrauch, setzen eine Erwartungsspirale in Gang und setzen oft die falschen Anreize. Vor allem aber sind materielle Anreize nicht nachhaltig. Das haben verschiedene Untersuchungen gezeigt und das zeigen auch Mitarbeiterbefragungen immer wieder. Der Harvard-Professor Alfie Kohn hat nachgewiesen, dass es weltweit keine einzige Studie gibt, die eine nachhaltige Leistungssteigerung durch monetäre Anreizsysteme nachweist, wobei die Betonung auf Nachhaltigkeit liegt.

Wenn Anreize zur Gewohnheit werden

Natürlich kann man mit Geld kurzfristige Motivationsschübe erzeugen mit den entsprechenden kontraproduktiven Langzeitfolgen: permanente Erhöhung des Anregungsniveaus, Unzufriedenheit als Verwöhnungsfolge, Belohnungssucht, unter der dann das Kooperationsklima leidet. Ganz entscheidend ist die grosse Gefahr, dass die Bindung an Aufgaben und Ziele durch die Bindung an Geld ersetzt wird.

Darüber hinaus weist Kohn auf einen Effekt hin, der in der Arbeitswelt der Zukunft immer wichtiger werden wird: „Je mehr Menschen über Belohnungen nachdenken, desto mehr bevorzugen sie leichte, kurzfristig lösbare und eher quantitative Aufgaben. Kreativität und Qualität bleiben auf der Strecke. Hohe Gehälter sind zudem nicht selten die Ursache für eine negative Personalauswahl: Leistungsschwache Mitarbeiter und Führungskräfte bleiben im Unternehmen, weil sie nirgendwo sonst so viel für ihre Leistung verdienen.

Mess- und quantifizierbare Anerkennung

Der Objektivität halber kann man sagen: Gehalt, Provisionen und Fringe Benefits zeigen dem Mitarbeiter konkret und genau bezifferbar, wie viel seine Leistung und Arbeitskraft dem Arbeitgeber wert ist und wie hoch er sie schätzt. Insofern kann materiellen Anreizen eine indirekte Motivationswirkung zugeschrieben werden. Darüber hinaus steigert materielle Motivation bei allgemein guter bis sehr guter Motivationslage die allgemeine Zufriedenheit und das Gefühl der Akzeptanz. Fehlen jedoch entscheidende andere Werte, so sinkt parallel auch der materielle Motivationswert.

Ein konkretes Beispiel: Attraktive Provisionen und ein hohes Gehalt verlieren an Wirkung, wenn das Betriebsklima schlecht ist, keine Entwicklungsmöglichkeiten bestehen und die Arbeit keine Herausforderungen bietet. Eine Gehaltserhöhung wirkt wie ein neues Auto ein paar Wochen und wird dann zur Gewohnheit und Selbstverständlichkeit. Motivation durch interessante Aufgaben, durch Perspektiven, durch Identifikation mit dem Produkt und dem Unternehmen, durch Interesse an der Weiterentwicklung sind – um nur ein Beispiel zu nennen – wichtige Faktoren.

Es werden oft die Falschen motiviert

Unternehmen, die auf Entwicklungsmöglichkeiten, interessante Arbeitsinhalte, ein gutes Arbeitsklima und fähige Führungskräfte mit einem positiven Menschenbild setzen – um nur einige Beispiele zu nennen -, ziehen vor allem auch die qualifizierteren, an substanzieller Leistungserbringung interessierten Mitarbeiter an, also nicht primär solche, die sich durch Boni und andere „Motivationsspritzen“ überzeugen lassen, sondern durch Werte und Qualität, sprich Arbeit, Herausforderungen, Laufbahn, Perspektiven und Leistung. Wer sich über die Lohntüte gewinnen lässt, ist auf Dauer zudem auch selten loyal.

Allerdings gilt auch bei der materiellen Motivation, dass Mitarbeiter individuell je nach Persönlichkeit und Grundwerten bei Geld und Lohn ebenso unterschiedlich motivierbar sind. Noch einmal: Wichtig ist in diesem Zusammenhang auch: Wer aus innerem Antrieb heraus sich an interessanten Herausforderungen und der Nutzung seiner Talente und Fähigkeiten motiviert, ist wohl der engagiertere, leistungsfähigere und wohl oft auch qualifiziertere Mitarbeiter als jener, der seinen Lohnbeleg und die Provisionsabrechnung als Motivationsgrundlage sieht. Zudem dürften sich primär materiell motivierte Mitarbeiter nicht in dem Masse binden lassen, wie dies bei stärker immateriell motivierten der Fall sein wird.

Schwache und kurze Motivationsqualität

Die Qualität materieller Motivation ist nicht nur kurzfristig, sie ist auch mangelhaft. Wer nach Provisionen, Boni und dergleichen seine Leistung ausrichtet, gehört oft nicht zu den besten. Die besten sind sehr oft jene, welche aus Freude an der Leistung, aus Leidenschaft heraus, also mit intrinsischer Motivation mit „Herzblut“ an die Aufgaben und Ziele herangehen. Stark materiell motivierbare Mitarbeiter sind auch selten loyal und lassen sich nur schwer an ein Unternehmen binden, winkt der Konkurrent mit einigen Boniprozenten mehr, nimmt er schnell seinen Hut und wechselt zur Konkurrenz über.

Materielle Anreize als Verstärkung immaterieller

Auch Mitarbeiterbefragungen zeigen es immer wieder von Neuem: Lohn und materielle Anreize stehen selten bis nie an erster Stelle, oft sind Arbeitsklima, Weiterkommen, Zufriedenheit mit Aufgaben und Herausforderungen das wirklich entscheidende. Was gesagt werden kann: Im Verbund mit nicht monetären Anreizen und einer Unternehmenskultur, die Sinngebung, Entfaltungsmöglichkeiten und einen respektbasierenden und partnerschaftlichen Führungsstil ins Zentrum der Bemühungen stellt, wirken monetäre Anreize verstärkend. Ein Beispiel aus der Praxis:

Wird einer zur unteren Gehaltsklasse gehörenden jungen Mitarbeiterin zur Geburt ihres Kindes in einem persönlichen Glückwunsch-Gespräch ein Einkaufsgutschein für eine Kinderzimmereinrichtung überreicht, das Ereignis im Team gefeiert und zugleich Sonderarbeitszeiten gewährt und ein vom Unternehmen finanzierter Kleinkind-Kurs  angeboten, so ist dies wohl ein Beispiel für einen sinnvollen und positiven materiellen Anreiz, der seine Wirkung kaum verfehlt.

Fazit

Leistungsgerechte Bezahlung steigert zwar die Einsatzbereitschaft, taugt jedoch alleine nicht als langfristiger und nachhaltiger Motivationsmotor. Der Hauptgrund liegt darin, dass sie den Bedarf nach Sinngebung, Anerkennung und langfristiger Zufriedenheit vernachlässigt. Finanzielle Anreize wirken kurzfristig und erfüllen die Erwartungen der Mitarbeitenden nicht vollständig. Eine nachhaltige Motivation erfordert eine Kombination aus materiellen und immateriellen Anreizen, die auf die individuellen Bedürfnisse und die Förderung einer positiven Unternehmenskultur ausgerichtet sind.

CTA Mitarbeitermotivation perspektivisch

1 Kommentar zu “Materielle Anreize: Ansporn oder Motivationskiller?

  1. Um Motivation durch Anreize nachhaltig und langfristig wirksam zu gestalten empfehlen sich auch moderne und zeitgemäße Mitarbeiter Bonussysteme wie beispielsweise dieses https://www.incentivus.de/bonussystem_fuer_mitarbeiter.

    Damit sind viele wichtige Punkte aus dem Artikel einfach zu handhaben. Bei uns funktioniert dies wunderbar.

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