In der digitalen Welt hinterlassen wir alle Spuren im Internet. Ob auf Instagram, TikTok, Twitter oder anderen sozialen Medien – viele Menschen teilen bereitwillig Informationen über ihr Privatleben. Für Arbeitgeber kann es verlockend sein, diese Informationsquelle zu nutzen, um mehr über potenzielle Mitarbeitende zu erfahren.
Doch wo liegen die rechtlichen und ethischen Grenzen bei der Nutzung solcher Informationen im Rekrutierungsprozess? Diese Frage stellt Personaler vor komplexe Herausforderungen und erfordert eine sorgfältige Abwägung zwischen Informationsbedürfnis und Persönlichkeitsschutz.
Soziale Medien im Recruiting: Grenzen und Möglichkeiten
Die Nutzung sozialer Medien im Rekrutierungsprozess bietet Chancen, birgt aber auch Risiken. Hier ein erweiterter Überblick über die wichtigsten Regeln zur Nutzung von Online-Informationen im Rekrutierungsprozess:
Grundsätzliche Einschränkungen
Google-Recherchen über Bewerber sind in der Schweiz grundsätzlich nicht erlaubt. Dies schützt die Privatsphäre der Kandidaten und verhindert vorschnelle Urteile basierend auf möglicherweise irrelevanten oder veralteten Informationen. Eine Ausnahme bilden Informationen mit direktem Bezug zur beruflichen Tätigkeit, die gesammelt werden dürfen. Hier liegt die Herausforderung für Personaler darin, die Grenze zwischen beruflich relevanten und privaten Informationen klar zu ziehen.
Erlaubte Quellen und Ausnahmen
Berufliche Netzwerke wie Xing oder LinkedIn dürfen von Personalern geprüft werden, da diese berufliche Intentionen und Zwecke der Inhalte haben. Diese Plattformen bieten oft Einblicke in den beruflichen Werdegang und die Kompetenzen der Kandidaten und können als eine Art Lebenslauf mit sehr detaillierten Informationen betrachtet werden. Bei Führungskräften und exponierten Positionen sind umfangreichere Recherchen zulässig, um potenzielle Reputationsrisiken zu minimieren. Ein neuer Ansatz könnte sein, Kandidaten explizit um Erlaubnis zu bitten, bestimmte Social-Media-Profile zu sichten, was Transparenz schafft und rechtliche Risiken minimiert.
Transparenz und rechtliche Folgen
Bewerber haben Anspruch auf Transparenz bezüglich durchgeführter Online-Recherchen. Verstösse gegen diese Informationspflicht können zu Entschädigungszahlungen und Bussen führen, wobei die genauen Konsequenzen aufgrund fehlender Gerichtspraxis schwer abzuschätzen sind. Um diesem Risiko zu begegnen, könnten Unternehmen standardisierte Prozesse einführen, die dokumentieren, welche Informationsquellen im Rekrutierungsprozess genutzt wurden. Dies dient nicht nur der rechtlichen Absicherung, sondern fördert auch eine faire und konsistente Behandlung aller Bewerber.
Ziele und Herausforderungen für Personaler
Personaler müssen eine Balance zwischen effizienter Kandidatenauswahl und rechtlicher Compliance finden. Die Nutzung beruflicher Netzwerke und die Fokussierung auf stellenrelevante Informationen ermöglichen eine rechtskonforme und zielgerichtete Rekrutierung. Dabei gilt es, die Effizienz zu steigern, Compliance-Vorgaben einzuhalten, Reputationsrisiken zu managen und einen fairen Bewerbungsprozess ohne unzulässige Diskriminierung zu gewährleisten.
Ein innovativer Ansatz könnte die Entwicklung KI-gestützter Recruiting-Tools sein, die ausschliesslich auf beruflich relevante und rechtlich unbedenkliche Informationen zugreifen. Solche Tools könnten helfen, den Rekrutierungsprozess zu objektivieren und gleichzeitig die Einhaltung datenschutzrechtlicher Bestimmungen sicherzustellen.
Zudem sollten Unternehmen verstärkt in die Schulung ihrer Personaler investieren, um sie für die rechtlichen und ethischen Aspekte der Online-Recherche zu sensibilisieren. Ein regelmässiger Austausch mit der Rechtsabteilung und die Entwicklung klarer interner Richtlinien können dazu beitragen, rechtliche Risiken zu minimieren und gleichzeitig die Vorteile der digitalen Rekrutierung zu nutzen.
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