Eine Candidate Journey umfasst alle Wahrnehmungen, Erlebnisse und Erfahrungen, die ein Bewerber während der Kontakt- und Bewerbungsphase mit einem Arbeitgeber hat. Touchpoints zu analysieren und zu pflegen, lohnt sich.
Ein aktiv gepflegtes Candidate Experience wirkt sich immer positiv auf das Employer Branding aus und kann entscheidend sein, wie viele und wie gute und passende Kandidaten man überzeugen kann. Man nennt diese Touchpoints oft auch „Momente der Wahrheit“.
Um eine positive und wirksame Candidate Experience zu entwickeln, genügt es nicht sich von der vorteilhaftesten Seite zu zeigen. Die Erfolgsfaktoren für eine nachhaltig erfolgreiche Candidate Experience umfassen wesentlich mehr. Oft kann ein einziger negativer Erfahrungspunkt – etwa ein komplizierter oder endlos langer Ablauf im Bewerbungsprozess oder ein negativer Presseartikel den Abbruch der Journey, sprich das Aus für eine Bewerbung und damit den Verlust eines möglicherweise qualifizierten Mitarbeiters mit sich bringen.
Ein wenig positives Unternehmensimage allgemein oder als Arbeitgeber kann ein Grund sein. Vielleicht fällt es dem Bewerber schwer, sich mit der Kommunikation des Unternehmens zu identifizieren oder mit dessen Produkten. Aber auch die negativen Erlebnisse ehemaliger Interessenten spielen eine nicht unerhebliche Rolle.
Welche Candidate Journey Touchpoints sind beeinflussbar?
Über eine Karriere-Website und Stellenanzeigen hat man eine Kontrolle, über Bewertungen in Arbeitgeber-Portalen nicht oder zumindest nur begrenzt. Solche Interaktionspunkte werden auch als „Earned Touchpoints“ bezeichnet, also Touchpoints die man nicht kaufen kann, sondern sich verdienen muss.
Die Eruierung und Bewertung von Touchpoints
Im Buch „Das Touchpoint-Unternehmen“ schreibt Anne M. Schüller zu den Touchpoints einer Candidate Journey: „Im Recruiting-Prozess muss an jedem Interaktionspunkt im „Moment der Wahrheit“ Grosses passieren. Wenn es auch nur an einer Stelle klemmt, dann kann das heute schon das Aus bedeuten. Um in diesem Szenario die bestmöglichen Ergebnisse zu erzielen, empfehle ich Recruitern eine Vorgehensweise, bei der jede Interaktion im Bewerbungsprozess auf ihre Enttäuschungs-, Okay- und Begeisterungsfaktoren hin analysiert wird“.
Qualität und Substanz der Stellenanzeigen
Stellenanzeigen sind natürlich ein starker Touchpoint, nur schon fade oder unklare Anforderungen oder langweilige Aufgabenbeschreibungen oder ein nichtssagendes Arbeitgeber-Porträt können hier «eine Reise beenden».
Jobbörsen-Präsenz
Hier spielt die gesamte Kommunikation eine Rolle, aber auch, welche Art von Jobs mit welchen Anforderungen in welchen Rubriken angeboten werden und welche Unternehmensziele und -entwicklungen sind allenfalls ableitbar.
Karriere-Webseite und Unternehmensseite
Hier sind die Qualitätsfaktoren bekannt und wie wichtig sie sind, ebenfalls. Es geht vor allem um Authentizität, Informationsgehalt und den Bewerbungsprozess und die Präsentation als Arbeitgeber. Eine Rolle spielt auch die Unternehmenswebsite.
Arbeitgeber-Bewertungs-Plattformen
Diese sind natürlich so entscheidend wie im Marketing die Produktbewertungen, welche oft kaufentscheidend sind. Hier sollte man die wichtigsten regelmässig analysieren und auch bei negativen Bewertungen reagieren. Die meisten Plattformen bieten auch Employer Branding Profile an.
Themen des Unternehmensblogs
Anspruchsvolle Stellensuchende und Führungskräfte besuchen oft auch Unternehmen Blogs für die Gesamtbeurteilung des Unternehmens. Themen können viel über die Unternehmenskultur den wirtschaftlichen Erfolg aussagen.
Erfahrungen mit persönlichen Kontakten
Ob es eine Frage zur Stelle ist oder der Empfang beim Interview, jeder Kontaktpunkt mit jeder Person im Unternehmen prägt den Eindruck vom Unternehmen mit.
Organisation des Bewerbungsprozesses
Wie lange geht dieser, welche Informationen werden verlangt, wie einfach, modern, effizient und mobile freundlich ist er? Hier gibt es viele Punkte, die beachtet werden müssen und die auch mit Bewerber-Zielgruppen zusammenhängen.
Das Job-Interview
Der entschiedenste „Moment der Wahrheit“, da hier ein authentischer Gesamteindruck des Unternehmens erfolgt. Der Recruiter, die Unternehmens-Präsentation und die Interviewfragen sind besondere prägend. Fragen Sie Kandidaten nach Erfahrungen und Eindrücken auf deren «Bewerberreise». Noch besser: Welcher Touchpoint war für die Bewerbung des Kandidaten ausschlaggebend und besonders überzeugend und prägend?
Wie präsentiert sich das Unternehmens
Der Bewerber betritt das Unternehmen für das Interview. Hier stürmen viele Details auf ihn ein – und alle sind sie authentisch und können nicht verfälscht werden. Ist man über das Interview informiert, ist schon der Empfang mürrisch, wie freundlich und aufgestellt sind die Mitarbeitenden und wie geht man miteinander um?
Art der Absage oder Zusage
Sind es Textbausteine, wie persönlich sind Ab- und Zusagen, wie schnell geht es bis zum Bescheid und hält man sich an die Vereinbarungen aus dem Interview?
Social Media-Profile
Ob Facebook, LinkedIn oder Xing – diese Profile werden oft besucht. Wie aussagekräftig, aktuell und sympathisch sind sie und wie modern und professionell ist der Auftritt?
Employer Branding Profile
Führungskräfte oder gut informierte Bewerber, die diesen Bereich kennen, sind daran natürlich besonders interessiert. Was sind hier die besonderen Leistungen, welches die Werte und wie glaubwürdig ist die Kommunikation?
Werbe- und Marketing-Kommunikation
Wie ein Unternehmen mit Kunden kommuniziert, ist von der Grundhaltung her oft eine ähnliche, wie es dies mit Mitarbeitenden und Bewerbern tut: Servicewüsten sind oft auch Führungswüsten, denn es stecken Menschenbilder dahinter. Hier spielen auch Emotionen eine grosse Rolle.
Postings und Sharings in sozialen Medien
Was wird in Facebook, LinkedIn oder Xing von Bewerbern gefragt und wie reagiert das Unternehmen? Wird überhaupt ein Dialog geführt und wie steht es mit den Sharings? Vor allem bei der Generation Z sind soziale Netzwerke ein klarer Moment der Wahrheit.
Produktshops und Kundenreviews
Welche Produkte bietet das Unternehmen an und wie macht es das? Auch Kundenbewertungen spielen eine wichtige Rolle und die Frage, ob man sich damit identifizieren kann.
Presseartikel zum Unternehmen als Arbeitgeber
Wie berichtet die Presse on- und offline über das Unternehmen, gibt es Skandale oder gar Arbeitgeberauszeichnungen und welchen wirtschaftlichen Stellenwert hat es. Auch ökologische Fragen werden immer wichtiger.
Wirtschaftsberichte und Börsenmeldungen
Der wirtschaftliche Erfolg ist nicht unwesentlich. Wie wird die Zukunft des Unternehmens beurteilt, was sagen Investoren und wie entwickeln sich die Aktienkurse sind einige mögliche interessierende Informationen.
Branchen- oder Tätigkeitssuche
Taucht bei einer Google-Recherche zu Branchen das Unternehmen auf und wie ist es um die Konkurrenz bestellt? Wie zukunftssicher ist die Branche und ist das Unternehmen den Anforderungen der Zukunft gewachsen? Positiv ist hier, wenn ein Unternehmen bei einer interessierenden und gewünschten Tätigkeit sichtbar wird.
Verhandlung und Abschluss
Hier muss man vorsichtig sein, nicht kurz vor der Zielgeraden noch zu stolpern. Die Gehaltsverhandlung wie Anfangslöhne, der Anstellungsvertrag, finanzielle Erwartungen, Aufstiegschancen, Flexibilität und mehr
Onboarding
Dies ist sozusagen der Abschluss der Candidate Journey. Hier kann man vieles gut, aber auch vieles falsch machen und neue Mitarbeitende enttäuschen oder begeistern. Stichworte: Erfolgserlebnisse bieten, genaue Planung, Betreuer organisieren und häufiges Feedback geben.
Spezifische Google-Recherchen
Es gibt auch viele mögliche Themen bei Recherchen mit Suchmaschinen, beispielsweise in Kombination mit dem Firmennamen und dem Stichwort Arbeitgeber, welches Touchpoints einer Candidate Journey sind oder eruierbar machen können. Mögliche Suchkombinationen können sein:
- Arbeitgeber + Image
- Firmenname + Jobs
- Branche + Marktleader
- Firmenname + Arbeitgeberbewertungen
- Xing + Firmenname
- Firmenname + Unternehmensziele
- Firmenname + Unternehmenskultur
- Firmenname + Work-Life-Balance
- Firmenname + Bewerber-Zielgruppe (Lehrlinge u.m.)
Mit solchen Recherchen bzw. Begriffskombinationen kann man auch auf sehr wichtige Touchpoints und „Momente der Wahrheit“ stossen, die einem nicht bekannt waren, an die man nicht gedacht hat oder deren Bedeutung und Wirkung man unterschätzt hat.
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