Stelleninserate schrecken potenzielle Bewerber oft mehr ab, als sie zur Bewerbung animieren. In seinem neuen Buch «Personalmarketing to go» verrät HR-Profi Jörg Buckmann, wie dem abgeholfen werden kann.
«Sie disponieren mehr als 100 Baumaschinen, Baumaschinenführer und Bauarbeiter und decken die Spitzenzeiten mit Temporärpersonal und Mietmaschinen ab. Freie Kapazitäten von Mitarbeitern und Maschinen in der Unternehmung werden von Ihnen ebenfalls ausgefüllt. (…) In dieser Disposition geht es schon öfter mal hektisch zu und her.» Mit diesen Worten sucht ein Baulogistikunternehmen in einem Online-Inserat einen Disponenten.
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Das tönt nach einem mehr als stressigen Job und es stellt sich die Frage, ob das Unternehmen mit dieser Ausschreibung den besten aller potenziellen Disponenten auf dem Stellenmarkt findet. Denn Hand aufs Herz, wer will einen Job, in dem man dauernd unter Strom steht, vielleicht sogar öfters überfordert und am Feierabend so übermüdet ist, dass Sport treiben oder mit den Kindern spielen kaum mehr drin liegt?
Kommt hinzu, dass in besagtem Inserat kein Wort darüber geschrieben steht, was der Arbeitgeber als Entschädigung für den anstrengenden Berufsalltag bietet. Kein Wort über die wöchentlichen Arbeitszeiten, kein Wort zu den Ferien und auch kein Wort zu «Fringe Benefits» seitens des Arbeitgebers, geschweige denn zum Lohn. Warum nicht? Denn es liegt doch auf der Hand, dass ein Interessent – gerade wenn ein Job hohe Anforderungen stellt – wissen will, wie er für seine harte Arbeit entschädigt wird.
Doch nein, es liegt anscheinend nicht auf der Hand. Wer sich heute den Stellenmarkt anschaut, stösst auf unzählige Jobinserate, in denen sich nur Angaben zum Tätigkeitsfeld und zu den Anforderungen wiederfinden, nicht aber dazu, was der Arbeitgeber zu bieten hat. Dies, obwohl genau mit den Vorteilen für die Arbeitnehmer interessante und qualifizierte Mitarbeiter angelockt werden.
Die eigenen Stärken kennen
Damit ein Arbeitgeber mit einem Stelleninserat seine Zielgruppe erreicht, muss er zuallererst seine eigenen Stärken kennen – und das ist oft nicht oder nicht genügend der Fall.
Jörg Buckmann, Berater für Personalgewinnung und HR-Kommunikator aus Zürich, schreibt dazu in seinem neusten Buch «Personalmarketing to go»: «Wer Glühbirnen, Hundehalsbänder oder Dörrfrüchte an die Frau oder den Mann bringen will, muss wissen, was sein Produkt auszeichnet und womit es sich von anderen abhebt. In der Personalwerbung funktioniert es genauso. Wer also als Arbeitgeber abheben will, muss sich über seine Ziele und Zielgruppen im Klaren sein und sich Gedanken zu seiner Schokoladenseite machen.»
Und Buckmann ergänzt: «Ich denke, alle Arbeitgeber kennen ihre Vorzüge. Umso überraschender ist, dass sie diese so wenig ausspielen. Auf den Karriere-Webseiten und den Stelleninseraten werden noch viel zu oft Floskeln und Leerplätze anstelle konkreter Informationen gedroschen. Der Grund dafür ist mir unerklärlich.» Das Problem dabei ist laut Buckmann, dass sich die Diskussionen in der Personalwerbung oft um die Kommunikationskanäle drehen. Für den HR-Profi steht jedoch nicht das wie, sondern das was am Anfang guter Personalgewinnung. Es sei wie beim Boxen, man müsse zuerst seine Stärken kennen, bevor man kommuniziere.
Das Problem der Floskeln
Doch aufgepasst, nur zu oft werden die Arbeitgebervorzüge mit nichts aussagenden Floskeln gleichgesetzt, durch ein paar Slogans und nette Bilder ausgedrückt. Was sagt denn das aus, wenn sich ein Unternehmen als «Marktführer» bezeichnet? Welcher Markt ist gemeint? Jener der Region Ostermundigen oder der Weltmarkt? Was ist gemeint mit «Sie arbeiten in einem jungen Team»? Dass niemand Erfahrung im Job aufweisen kann? Und was sind «Zeitgemässe Anstellungsbedingungen»? Anstellungsbedingungen nach den gesetzlich erlaubten Minimalansätzen?
«Zurück auf Start», sagt Buckmann dazu. Er fordert Fakten statt Floskeln, Klarheit statt leerer Worte. Wer ein Arbeitgeber mit Profil sein will, muss seine Arbeitgebervorteile klar benennen: die messbaren und meist mit Zahlen belegbaren Angebote des Unternehmens wie Lohn, Sozialleistungen, «Fringe Benefits» und weitere relevante Fakten. «Es geht darum, sich zu differenzieren», so Buckmann. «Eine weisse Bohne im Meer der schwarzen Kaffeebohnen zu sein.»
Sich in den Arbeitnehmer versetzen
«Man traut es sich kaum zu sagen, so banal ist es. Die Leute gehen gern zur Arbeit, wenn sie anständig bezahlt werden, mit netten Kollegen zusammenarbeiten, mit denen sie gern mal beim Kaffee zusammenstehen und quatschen können; wenn sie ihren Job beherrschen und das Gefühl haben, wertgeschätzt zu werden. Sie gehen dann aber auch gern pünktlich nach Hause, denn sie wollen auch ihre Kinder sehen.» So die Aussage von Karriere-Coach Svenja Hofert aus Köln.
Wer sich also an das Herausarbeiten der Arbeitgebervorteile macht, sollte darauf achten, was der angepeilten Zielgruppe wichtig ist und diese damit anzusprechen. Buckmann ist jedoch der Ansicht, dass es diesbezüglich an manchen Orten noch am Marketingflair, am Grundprinzip des Marketings, fehlt: Die Kundenbedürfnisse zu (er)kennen und diese zu befriedigen. «Dass es am unbedingten Willen hapert, letzteres zu tun, würde ich damit erklären, dass der Leidensdruck vielerorts noch nicht hoch genug ist. Offenbar können die Stellen irgendwie auch so besetzt werden», so Buckmann weiter.
Einen emotionalen USP schaffen
Zu wenig Frechmut, um einmal neue Wege in der Personalgewinnung zu gehen? «Da und dort sicher schon», meint Jörg Buckmann und wünscht sich vermehrt eine «Warum nicht?-Haltung». Beispiele, dass es funktioniert, gibt es mehrere. So hat beispielsweise das Kinderspital Zürich seinen Arbeitgeberauftritt komplett überarbeitet und sich eine «Emotionale USP» geschaffen: den «Kispi-Spirit». Dieser basiert auf drei Punkten: Erstens «Unser Herz schlägt für die Kinder», zweitens «In unserer Disziplin spielen wir in der Champions League» und drittens «Mit Freude arbeiten».
Damit aber nicht genug, denn den Verantwortlichen am Kinderspital Zürich ist klar, dass den (künftigen) Mitarbeitenden auch etwas geboten werden muss, damit sie voll und ganz für das Unternehmen einstehen. Und darum werden in den Online-Stelleninseraten mittels animiertem Plan konkrete Argumente aufgelistet, warum eine Anstellung am Kispi «einmalig» ist. So gehören etwa mehr Ferien als in anderen Spitälern (5 Wochen), Verbilligungen für Abos des öffentlichen Verkehrs, Kinderbetreuung oder das Upgrade der Krankenkasse auf «privat versichert» zulasten des Arbeitgebers zu den «Fringe Benefits». Und natürlich werden auch Angaben zum Lohn gemacht.
Wie Matthias Bisang, HR-Leiter am Kinderspital Zürich, sagt, seien die Reaktionen der Kandidaten auf die Stelleninserate durchwegs positiv. Das Kinderspital werde als innovativer und dynamischer Arbeitgeber wahrgenommen. «Wir stellen insbesondere fest, dass sich mehr gut Qualifizierte Personen bei uns bewerben, die nicht unbedingt auf Stellensuche sind», so Bisang.
Mit dieser Strategie differenziert sich das Kinderspital Zürich deutlich von den Mitbewerbern auf dem Markt. Das Online-Stelleninserat wurde übrigens mit dem HR-Excellence Award ausgezeichnet. Geht doch!
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