Wir führten mit Ursula Wawrzinek anlässlich ihres neuen Buches “Erfolgreiches Führen heisst Konflikte souverän managen” ein Gespräch über den souveränen und adäquaten Umgang mit Konflikten. Die Antworten waren so interessant wie es auch ihr neues Buch ist.
Sie begleiten und trainieren als Konfliktberaterin zahlreiche Führungskräfte. Ein eskalierender Konflikt im Unternehmen entsteht erfahrungsgemäss nicht von heute auf morgen. In welchem Bereich kommt es dann am häufigsten zu Konflikten?
Ursula Wawrzinek: Am häufigsten eckt eine Person mit ihrem Verhalten oder mangelhafter Leistung bei anderen an. Das kann ein Teammitglied sein, ein Kollege aus einem anderen Bereich oder auch die Führungskraft selbst. Entweder passt das Verhalten dieser einen Person nicht in den beruflichen Kontext oder die Qualität, Quantität oder Zuverlässigkeit der geleisteten Arbeit stimmt nicht. Das führt zu Irritation, Ärger oder sogar Verletzung im Umfeld. Die Folge sind Streit, Lästereien und Demotivation.
Wie erkennt eine Führungskraft einen schwelenden Konflikt in ihrem Umfeld. In der Regel kommen ja nicht gleich alle Beteiligten und reden offen über ihre Probleme?
Ursula Wawrzinek: Es gibt im Vorfeld jede Menge Konfliktwarnsignale, die es zu erkennen und richtig zu deuten gilt. Die Stimmung ändert sich zum Negativen, spitze Bemerkungen fallen, bis hin zu Zynismus und Sarkasmus, Gereiztheit und Aggression entsteht. Die Toleranz und Kollegialität untereinander nimmt ab. In Folge fliessen die Informationen nicht, Doppelarbeiten entstehen, weil die eine Hand nicht weiss, was die andere tut.
Mitarbeiter wenden sich meist erst an die Führungskraft, wenn sie bereits emotional aufgeladen sind und lassen dann ordentlich Dampf ab. Das wirkt unsachlich und übertrieben und macht es schwer, die Ursache dahinter zu erkennen. Am besten entwickelt die Führungskraft Antennen für Störungen und Zwischentöne und greift Warnsignale frühzeitig auf.
Droht durch einen Konflikt ein ganzes Team auseinanderzubrechen, was empfehlen Sie Führungskräften als „Erste Hilfe“?
Ursula Wawrzinek: Nicht wegschauen und hoffen, dass sich der Konflikt von selbst wieder beruhigt, sondern beherzt die Konfliktursachen erforschen. In Einzelgesprächen wird jedes Teammitglied ermuntert, seine Belange zu offenbaren. Jede/r wird angehört und ernst genommen. Das beruhigt die Gemüter und es entsteht Hoffnung auf eine Lösung. Aus den Gesprächen lassen sich die Konfliktursachen herausarbeiten und geeignete Massnahmen ergreifen. Bei Bedarf rate ich dazu, einen neutralen Profi von aussen hinzuzuziehen.
Führungskräfte sind auch nur Menschen! Wie vermeidet man, Partei zu ergreifen?
Ursula Wawrzinek: Für die Führungskraft geht es gar nicht darum, keine Partei zu ergreifen. Im Gegenteil: für eine Lösung ist es häufig notwendig, dass sie in einer Art „Schiedsrichterfunktion“ eine eigene Position vertritt oder eine klärende Entscheidung trifft. Wichtig ist nur, dass sie das nicht voreilig tut. Sie sollte niemanden vorverurteilen und sich nicht vorschnell auf eine Seite schlagen. Führungskräfte sind darin geübt, für jedes Problem eine schnelle Lösung parat zu haben.
Im Konfliktfall wird dieser Lösungsmodus schnell zum Verhängnis. Im Sinne der Fairness sollten zunächst alle Beteiligten die Gelegenheit erhalten, ihre Sichtweisen darzustellen. Und während dieser Diagnosegespräche geht es zunächst darum, neutral zu bleiben. Denn erst wenn sie sich ein eigenes Bild über die Situation verschafft hat, wird die Führungskraft in der Lage sein, einen geeigneten Lösungsansatz zu finden.
Können Ihrer Erfahrung nach, weibliche oder männliche Führungskräfte besser mit konfliktreichen Situationen umgehen?
Ursula Wawrzinek: Weder noch. Am Geschlecht lässt sich hier kein massgeblicher Unterschied festmachen. Führungskräfte mit Empathie und einem offenen Kommunikationsstil auf Augenhöhe, der von einer wertschätzenden Grundhaltung gegenüber den Mitarbeitenden und einem respektvollen Umgangston geprägt ist, tun sich leichter.
Welche Techniken helfen, damit man auch als Führungskraft nicht immer wieder in alte Verhaltensmuster verfällt?
Ursula Wawrzinek: Eines sollte jeder Führungskraft klar sein: Auf schwierige Führungsgespräche muss man sich vorbereiten. Mit persönlichen Befindlichkeiten und spontanen Reaktionen aus dem Bauch heraus ist schnell mehr kaputt gemacht als gewonnen. Das Buch enthält eine konkrete, erfolgserprobte Vorgehensweise und Anleitung, die sie bei Bedarf Schritt für Schritt durch einen Klärungs- und Lösungsprozess führt. Diese gilt es konsequent umzusetzen.
Sie haben ein Buch über den souveränen Umgang bei Konfliktsituationen geschrieben. Wie kam die Idee zum Buch?
Ursula Wawrzinek: Als Konfliktberaterin erlebe ich täglich, dass Führungskräfte mit emotional herausfordernden Situationen konfrontiert sind, doch es fehlt ihnen meist das notwendige Wissen und Können dazu. Als Folge daraus ist es beinahe Standard, dass sie Konflikten ausweichen, sie ignorieren und verschleppen. Und wenn sie sie angehen, dann gehen sie wie bei einem Sachproblem vor. Das funktioniert nicht. Denn Konfliktmanagement ist vorrangig Emotionsmanagement und das erfordert ein vollkommen anderes Vorgehen. Hier stelle ich gerne meine Erfahrung zur Verfügung. Denn es gibt ihn: den erfolgserprobten, umsetzbaren Klärungs- und Lösungsweg.
Wer sollte das Buch lesen?
Ursula Wawrzinek: Alle Führungskräfte, die sich in schwierigen Situationen befinden und diese lösen und bewältigen wollen. Meine Empfehlung: Dieses Buch sollte griffbereit in der Schublade jeder Führungskraft liegen.
Über Ursula Wawrzinek
Ursula Wawrzinek bildet seit über 20 Jahren Führungskräfte im Auftrag namhafter Unternehmen aus. Als Expertin für strategische Konfliktlösung entwickelte sie wirksame Methoden, um selbst hoch eskalierte Konflikte zügig und konstruktiv zu klären. Darüber hinaus hält sie als Mitglied der „Women Speaker Foundation“ spannende Vorträge und erreicht auch über ihre Interviews und Fachbeiträge ein breites Publikum. https://konfliktberaterin.de
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