Candidate Experience war lange Zeit ein zu Recht wichtiges und im HR viel diskutiertes Thema. Nur ist es bei weitem nicht die einzige wichtige „Experience“, die durch das HR positiv gestaltet werden kann und sollte. Austretende Mitarbeiter prägen Reputation und Employer Branding ebenso oder nicht selten sogar stärker.
Nicht nur der erste, oft auch der letzte Eindruck kann entscheidend sein. Es ist ein bisschen wie bei einer Beziehung: Wenn ein Partner den anderen verlässt, hat die Art und Weise, wie dies geschieht, einen erheblichen Einfluss, wie sie in Erinnerung bleibt und wie man mit anderen darüber spricht. Beim Austritt von Mitarbeitern ist dies ganz ähnlich. Es gibt zahlreiche Möglichkeiten, auch Trennungen und Austritte positiv, mitarbeiterfreundlich und wertschätzend zu gestalten. Zudem weiss man, dass die Rückkehrquote von Mitarbeitern recht hoch ausfallen und sie je nach Mitarbeiter höchst wünschenswert sein kann, beispelsweise leistungsfähige Talente oder Experten wieder zurückzugewinnen. Auch deshalb spielt ein positives Exit-Experience eine nicht zu unterschätzende Rolle.
Drei Elemente sind dabei besonders wichtig: das Arbeitszeugnis und das Kündigungs- und Austrittsgespräch. Aber es gibt weitere Möglichkeiten für einen positiven Exit-Experience.
Das Arbeitszeugnis
Dieses prägt die Exit-Experience besonders stark, da es für das Fortkommen Mitarbeitender eine besonders wichtige Rolle spielt. Normalerweise sollte die Kommunikation zwischen Vorgesetzten und Mitarbeitern so transparent sein und eine entsprechende Feedback-Kultur herrschen, dass dann auch bei einem Arbeitszeugnis keine unbekannten negativen Überraschungen und Streitigkeiten auftauchen sollten.
Mitarbeitern aber den Entwurf eines Arbeitszeugnisses vorgängig zu zeigen oder die Kernausssagen und allfällige problematische Punkte zu vorzubesprechen oder auf berechtigte und relevante Änderungswünsche einzugehen, gestaltet einen Exit besonders positiv. Wer sogar die für das berufliche Fortkommen aus Sicht des Mitarbeitenden wichtigen Leistungen, die beispielsweise seinen Karrierezielen entgegenkommen, aufnimmt, handelt besonders mitarbeiterfreundlich.
Das Austrittsgespräch
Es signalisiert die Bereitschaft und das Interesse an Kritik, was immer positiv und sympathisch wirkt. Werden Austrittsgespräche systematisch und kontinuierlich geführt, haben sie auch für das Unternehmen einen hohen Stellenwert. Letztlich gestatten sie das Eruieren von Schwachpunkten oder gar Missständen im Unternehmen und bilden eine Grundlage für Massnahmen. Dabei sind Fragen wie
– Was hätte Sie von der Kündigung abgehalten?
– Unter welchen Umständen würden Sie wieder bei uns arbeiten?
– Was können wir aus Ihrer Kündigung lernen und künftig besser machen?
– Was werden Sie in guter bis sehr guter Erinnerung behalten?
besonders empfehlenswert, da sie hohe Kritikfähigkeit und ehrliches Interesse an der Arbeitgeber-Beurteilung des ehemaligen Mitarbeitenden legen.
Weitere Einflussfaktoren
Es gibt weitere Einflussfaktoren, Aktivitäten und Massnahmen, welche die Exit-Experience nachhaltig positiv beeinflussen und prägen. Dabei sind es oft die emotionalen Kleinigkeiten, Signale und Events, welche haften bleiben und Wertschätzung glaubwürdig zum Ausdruck bringen.
Kündigungsgespräch und Trennungsprozess
Dass hier ein professioneller Ablauf, bei dem das Kündigungsgespräch im Mittelpunkt steht, von grösster Bedeutung ist, liegt auf der Hand. Es ist die Pflicht eines jeden Unternehmens, gekündigten Mitarbeitern mit Respekt, Unterstützungsbereitschaft und Fairness entgegenzutreten. Unterstützungsangebote für Stellensuche ist nur eines von vielen möglichen Massnahmen, Trennungsprozesse positiv zu gestalten.
Vollumfängliche Austrittsinformationen
Nur schon, dass man sich dafür Zeit nimmt, kommt positiv an. Informationen können Sozialversicherungen, Lohn- und Ferienfragen, administrative Formalitäten, Referenzgeber und Referenzaussagen und Wünsche des Austretenden dazu und mehr sein. Ein wenn erwünscht klares Statement, jederzeit willkommen zu sein und sich über eine allfällige Rückkehr zu freuen, gehört ebenso dazu.
Angemessenes Farewell-Event
Der Abschiedsumtrunk findet traditionellerweise am Vortag des Austritts oft statt. Auch hier können positive Akzente gesetzt werden wie ein kleines Abschiedspräsent, Statements aus dem Team, weshalb man Austretende vermissen wird oder, je nach Unternehmensgrösse, das persönliche Erscheinen der Geschäftsleitung.
Aufnahme in den Talentpool
Die Aufnahme in einen Talentpool, in eine Ehemaligen-Datenbank oder je nachdem ein Freelancer-Angebot für bestimmte Aufgaben bringt die Wertschätzung der Leistungen und Fähigkeiten des austretenden Mitarbeiters besonders gut zum Ausdruck.
Newsletter für Ehemalige
Ein Signal, welches zeigt, dass man in Kontakt bleiben möchte und Wert darauf legt, dass das Unternehmen nicht in Vergessenheit gerät. Zu beachten ist hier auch, dass Angestellte im Lauf ihrer Karriere nicht selten wieder zur Firma zurückkehren, die sie einst verliessen. Zum Newsletter kann auch die Social Media-Präsenz hinzukommen.
Weiterführende Dienstleistungen
Das Weiterühren von gewissen Incentives, allenfalls befristet oder nach Verweildauer definiert, setzt natürlich ebenfalls positive Zeichen. Oft betrifft dies unternehmenseigene Leistungen und Produkte, bzw. Einkaufsrabatte auf diese.
Dankeschön-Brief nach Austritt
Ein Dankeschön-Brief nach Hause, allenfalls mit einem individuellen Präsent und den besten Wünschen für die Zukunft, kommt besonders gut an und wird auch vom familiären Umfeld oder Lebenspartner wahrgenommen.
Welche Massnahmen Sie auch immer ergreifen, messen Sie der Exit-Experience von Austretenden so viel Bedeutung bei, wie jener von Kandidaten im Recruiting. Sie kann vieles bewirken: Positives Social Media-Feedback, gute Arbeitgeber-Bewertung auf diesen Plattformen, Erhöhung der Rückkehrerquote, positive Signale für verbleibende Mitarbeiter und, last but not least, ein weiteres wichtiges Mosaiksteinchen mit starken Profilierungschancen für das Employer Branding.
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