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Big Data für das HR – Schreckgespenst oder genialer Problemlöser?

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Von Big Data ist immer mehr zu hören. Doch was ist das genau, welche Chancen und Gefahren birgt es  – und vor allem, werden irgendwann einmal auch das HR und Unternehmen davon betroffen sein – und wenn ja, wie und in welchen Bereichen?

Was ist Big Data überhaupt?

Unter Big Data versteht man grundsätzlich das dank heutiger Computingpower mögliche Sammeln und Analysieren riesiger auch unstrukturierter Datenmengen aus verschiedensten Quellen zum Erkennen von Gesetzmässigkeiten und Mustern, grösstenteils anhand von Korrelationen. Raffinierte Algorithmen erkennen Zusammenhänge und können Trends aufzeigen in Dimensionen, die wir uns heute noch gar nicht vorstellen können.

Chancen und Gefahren

Mit Big Data können mittels Suchanfragen nach Grippemedikamenten bei Google Grippeepidemien erkannt werden, bevor sie überhaupt ausbrechen. Oder bei Konsumenten neue Bedürfnisse geortet werden, bevor sie diesen überhaupt bewusst sind. Wenn Amazon uns Bücher empfiehlt, die auch andere Kunden gekauft haben, ist auch dies Big Data, wenn auch in einer etwas einfacheren und durchaus nützlichen Form. Das Potenzial von Big Data ist riesig – im positiven wie im negativen Fall seiner Anwendung.

Es können Konflikte, Unfälle, Krisen, Risiken reduziert oder vermieden werden oder Menschen und Mitarbeiter in einer Weise durchleuchtet werden, nach denen sich Georg Orwell ausnimmt wie ein harmloser Unterhaltungsroman. Nicht nur Technologie-Euphoriker sondern auch andere Fachleute sind sich darüber einig, dass Big Data kommen wird – die Frage ist nur wann, wo, in welchem Ausmass und mit welchen Konsequenzen.

Um welche Daten geht es?

Das HR habe mit alledem nichts zu tun, meinen Sie? Weit gefehlt. Mit den im Personalwesen anfallenden Daten wie Mitarbeiterbeurteilungen, Zielvereinbarungen, Gesprächsprotokollen, Werdegängen, Arbeitszeugnissen, Leistungsdaten, Personaldossiers usw. ist dies ebenfalls möglich. Aber auch Arbeitsplatzdaten, Fertigkeiten und Fähigkeiten, ja sogar Kundenkorrespondenz auf Smartphone und Desktop-PC, sind analysierbar, können Korrelationen herstellen und Trends ableiten.

Denn gerade im HR fallen grosse Datenmengen an, sind sie jeweils nur schwer korrelierbar und in der ganzheitlichen Analyse mit vertretbarem Aufwand nicht oder nur schwer möglich. Es wird immer schwieriger, riesigen Datenmengen mit herkömmlichen Methoden und Werkzeugen beizukommen – das gilt auch für Personaldaten und das HR, oder für sie gar in besonderer Weise. 

Positive Möglichkeiten und Chancen

Im positiven Fall kann Big Data beispielsweise Hinweise liefern zum Entwicklungspotenzial oder zu Förderentscheiden von Mitarbeitern, kann Führungsprobleme oder sich anbahnende Trends in der Work-Life-Balance aufzeigen. Aber auch das Aufspüren von Stimmungen und Talenten, neuen Mitarbeiterbedürfnissen oder mit herkömmlichen Methoden nicht erkennbaren Gründen für hohe Fluktuationen und Tendenzen und Fehlentwicklungen im Qualifizierungsbedarf sind möglich.

Aber auch Karrieren und Laufbahnen lassen sich aus grossen Mengen von Daten aus Zielvereinbarungen, Qualifiaktionen, Leistungsbewertungen und Zwischenzeugnissen – um nur einige Beispiele zu nennen – vorhersagen, empfehlen oder je nachdem ganheitlicher beurteilen. Big Data ist diesbezüglich pragmatisch, es fragt nicht mehr, weshalb etwas ist – es sagt einfach, wie es ist oder sein wird.

Es ermöglicht im HR-Management die Entwicklung vorausschauender Analysen, beispielsweise bei Potenzialanalysen, im Talent Management, in der Rekrutierung, in der Personalentwicklung und in der Leistungsmessung, teilweise gar in Echtzeit mit Entscheidungsrundlagen, Trends oder Prognosen.

Schöne neue Recruitingwelt 

Das Startup Squirro scannt Twitter-Nachrichten schon heute, um die Entwicklungen von Börsenkursen zu erklären oder sucht mittels Jobprofilen automatisiert nach passenden
Kandidaten. Doch das könnte erst der Anfang sein. Ein Big Data Screening, welches sämtliche online verfügbaren Informationen von Facebook über Amazonkäufe und Blogkommentare bis zu politischen Statements in Communitys durchleuchtet, könnte Daten zutage fördern und Korrelationen ungeahnten Ausmasses herstellen.

Wenn dann gewisse datenhungrige Suchmaschinen auch noch Profile aufgrund von Mailtexten und jahrelangen Suchmaschinen-Eingaben zur Verfügung stellen, wäre das Scanning total. Und das Problem jedoch stets, dass solche Analysen immer nur Annahmen  und Wahrscheinlichkeiten wären und damit immer auch fehlerhaft. Und zu viele wüssten nicht mehr, wer wann weshalb mit welchen Daten welche Entscheide fällt.

Gefahren und negative Aspekte

Nur was geschieht mit dem Datenschutz, wenn Mitarbeiter durchleuchtet werden und Personaler und Management über sie mehr wissen als sie selbst? Wenn Big Data plötzlich anhand kritischer Bemerkungen aus Mitarbeitergesprächen, leicht ansteigenden Fehlerquoten und leicht abnehmender Präsenzzeiten Motivationsprobleme und später Kündigungsgefahr erkennt und den Loyalitätsgrad herabstuft?

Big Data ermöglicht die totale Kontrolle über letztlich alles – die Gesinnung, die Arbeitsmoral, die Loyalität, die Fehlerquoten, Kündigungsrisiken  und vieles mehr. Letzten Endes werden Stimmungsbilder, Analysen, Zukunftsfragen, Beurteilung von Potenzialen, Kündigungsentscheidungen an Algorythmen delegiert, deren Kriterien wir nicht kennen mehr kennen, deren Analysen wir nicht mehr nachvollziehen können und über deren Fehlanalysen wir erst dann informiert sind, wenn es vielfach zu spät ist – so geschehen beim Börsen- und -Aktienchaos durch Fehlkäufe vor einigen Jahren an der Wallstreet?

So wie Big Data schon heute über Milliarden in Finanzströmen und im Aktienhandel entscheidet und riesige Summen bewegt, kann Big Data im HR vielleicht nicht morgen aber übermorgen entscheiden, wie massiv der Stellenabbau ausfallen soll und wo er vorzunehmen ist, wo die Schwerpunkte der Personalplanung oder des HR-Budgets liegen sollen, welcher Kandidat für eine Führungsposition der wohl beste ist und mehr.

Big Data quo vadis – und was ist zu tun?

Big Data wird wohl kommen und nebst Gefahren und Risiken gibt es wie so oft auch Chancen und Vorteile. Wichtig ist, schon heute Regeln zu definieren und Gesetze zu entwickeln, Grenzen zu setzen, Big Data zu thematisieren und das Risiko- aber auch Chancenpotenzial zu erkennen und zu diskutieren, und zwar in Gesellschaft, Politik und Unternehmen, mit Mitarbeitern, Führungskräften und Geschäftsleitungen. Wenn dies gemacht wird und der Mensch Oberhand behält und Big Data ein Werkzeug bleibt, könnten die Vorteile überwiegen und die Chancen hochinteressant sein.

Geschieht dies nicht und wird jegliche Art von Entscheidungen eines Tages technologisch und digital abdelegiert – wie sich dies heute im Aktienhandel leider schon der Fall ist -, laufen wir Gefahr, uns selber digital zu versklaven. Wohin der Weg führen wird, ist ungewiss – hoffen wir, er wird wie so oft wenigstens in der Mitte der Vernunft und Unvernunft liegen. 


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