Es ist Mode geworden, Mitarbeitergespräche als „bürokratische Monster“ abschaffen zu wollen oder sie mindestens in Frage zu stellen. Wie berechtigt sind solche Kritiken und wie steht es wirklich um das gute alte Mitarbeitergespräch? Besser als viele denken, wenn man zu differenzieren weiss.
Dies wird von einigen Unternehmen, vor allem aus den USA und auch von HR-Experten hierzulande, seit längerem gefordert. Einige der Gründe sind, dass Mitarbeiter, die in Performance-Management-Systemen am besten abschneiden, oft gewiefte Selbstvermarkter sind und der Beurteilungsprozess von zu vielen als Alibiübung und administrative Last wahrgenommen werde. Aber ist die Forderung wirklich berechtigt und begründet, dass Mitarbeitergespräche ein alter Zopf sind und abgeschafft gehören?
Anforderungen und Inhalte von Mitarbeitergesprächen
In Zeiten wandelnder Unternehmenskulturen, sich verändernder Mitarbeiterbedürfnisse, steigender Agilität und ganzheitlicher Kommunikation haben sich Anforderungen und Inhalte von Mitarbeitergesprächen ebenfalls verändert. Ziele und Gespräche sollten mehr und mehr auch in Teams gemeinsam vereinbart und geführt werden, Beurteilungen sollten in kurzen Zyklen Feedback gleichberechtigt ohne hierarchischen Einbezug und starre Ausrichtungen auf organisatorische Gegebenheiten erfolgen.
Viel Feedback von vielen ist wichtig
Vor allem Feedback von Markt und Kunden wie auch dem Team wird wichtiger als Feedback von Führungskräften und förderndes und lernorientiertes dem Qualitätsbewusstseins und der Weiterentwicklung dienendes Feedback wichtiger als bewertendes und quantifizierendes. Im Interesse einer stärkeren Selbststeuerung und Eigenverantwortung werden Ergebnisse und Qualitätskontrollen von allen an den Unternehmensleistungen Beteiligten von den verantwortlichen Mitarbeitern über Teams bis zu Führungskräften übernommen.
Häufiger und mit mehr Daten abgestützt
Gesprächsinhalte sollen nach wie vor strukturiert und leistungsrelevant erfolgen, aber qualitative Aspekte, ganzheitliche Unternehmensanforderungen und Defizite offener und ganzheitlicher angegangen werden. Gesprächsinhalte, Ziele, Anforderungen gehen mehr als früher von den Teams und den Mitarbeitern aus und verzichten auf Vorgaben von oben. Dabei kommt Führungskräften im modernen Verständnis von Mitarbeitergesprächen mehr eine Vermittler- und Mentorenrolle als die eines Richters und „Notenvergebers“ zu
Das Mitarbeitergespräch als bewährtes Führungsinstrument
Wir meinen also: Das Mitarbeitergespräch als bewährtes Führungsinstrument soll, auch in seiner zentralen Rolle, erhalten bleiben, aber modernisiert werden. Nur dessen Qualität und Anforderungen sollen sich den obigen Entwicklungen anpassen und neue Akzente setzen. Zudem soll das Mitarbeitergespräch von wesentlich häufigeren Sofort-Feedbacks, 360-Grad-Beurteilungen und mit messbareren Kriterien also mit mehr Daten und häufigeren Beurteilungen einhergehend begleitet und unterstützt werden. Das Kind mit dem Bade ausschütten zu wollen, ist bekanntlich selten ein kluger Weg. Im Falle des Mitarbeitergesprächs schon gar nicht.
Studien beweisen Wert des klassischen Mitarbeitergesprächs
Empirische Daten aus zahlreichen Forschungen (eine davon ist das Forschungsprojekt „Linked Personnel Panel der Universität Köln) zeigen, dass Mitarbeitergespräche und damit verbundene Leistungsbeurteilung sich positiv und sogar direkt auf den Unternehmenserfolg auswirken.
Diese und andere Studie belegen auch, dass Mitarbeitergespräche die Arbeitszufriedenheit steigern und zu mehr Engagement führen und die Mitarbeiterbindung verstärken. Interessant: Auch die Dauer des Gesprächs korreliert in diesen Studien positiv mit der Arbeitsqualität und der Zufriedenheit der Mitarbeiter. Es gilt eben auch im digitalen Zeitalter noch immer: Die persönliche Kommunikation ist die nachhaltigste und erfolgreichste.
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