«Cool down», sagt HR-Fachmann Jörg Buckmann, wenn es um Mitarbeitergewinnung geht. In seinem neuen Buch «Personalmarketing to go» verrät er, wie auch ohne Kopfstand, dafür mit Kreativität und Ironie, Personalwerbung betrieben werden kann.
Gastbeitrag von Lukas Schweizer
Der Kopfstand ist eine Superübung. Gut für Bauchmuskulatur, Zirbeldrüse, Bauchspeicheldrüse, Hypophyse und Lunge. Ausserdem: eine Minute lang Kopfstehen und alle Sorgen sind weg, so heisst es.
So weit, so gut.
Jörg Buckmann, Berater für Personalgewinnung und HR-Kommunikator aus Zürich, schreibt in seinem neuesten Buch «Personalmarketing to go» (siehe Kasten) zum Kopfstand: «Es gibt Unternehmen, die machen fast einen Kopfstand, um an gute Mitarbeiter zu kommen.
Sie lassen teure Agenturen coole Slogans für Kampagnen erarbeiten, engagieren für viel Geld Headhunter oder lassen begehrte Studienabgänger zu einem als Workshop getarnten Weekend in die Toskana einfliegen.» Dies könne man alles machen, man müsse es aber, zum Glück, meist nicht. Seine Empfehlung lautet darum: «Cool down!» Denn Talente können ganz einfach auch im Alltag angesprochen werden. Hier drei frechmutige Beweise!
«Saumässig gut»
Urs Engelberger ist Leiter Human Ressources bei der Baloise Group und schaut gerne genau hin. Wenn Engelberger privat unterwegs ist, achtet er in Hotels, Geschäften oder Restaurants speziell darauf, wie mit ihm als Kunde umgegangen wird. Gefällt ihm die Behandlung ganz besonders, übergibt eine Karte. Aber Achtung, nicht etwa eine dieser schnöden Visitenkarten. Auf Engelberg’s Kärtchen findet sich lediglich ein QR-Code und ein dickes Lob: «Saumässig gut – finde ich» oder «Bombig beraten – Beeindruckend» heisst es da etwa.
Zwischenfrage: Wer bekommt nicht gerne so ein Lob? Die Überraschung, das Kompliment, der QR-Code und der fehlende Name, wecken die Neugierde des Beschenkten. Wer steckt dahinter?
Der eingescannte QR-Code führt auf eine Landing-Page und dort wird mit den Worten «Schön, Sie wiederzusehen» begrüsst. Sympathisch! Erst dann wird klar, um was es geht. Auf der Website sind nämlich die freien Stellen bei der Baloise Group mit entsprechenden Kontaktpersonen aufgeführt.
Das Unternehmen fällt in jedem Fall kreativ und sympathisch auf.
Die Baloise Group, ein alteingesessenes Unternehmen in einer konservativen Branche stellt mit dieser Idee die manchmal komplizierte Personalgewinnung galant auf den Kopf. Das Prinzip lautet – einmal mehr: raus aus den Bürosesseln, alte Muster aufreissen und verblüffen.
Vorsicht Video
Video. Das neue Zaubermittel der Personalgewinnung. Videos sind cool, trendy und bringen die Unternehmenskultur am anschaulichsten an die Zielgruppe.
«Der Pfad zwischen Top und Flop ist bisweilen sehr dünn», weiss Buckmann. «Ein Faux-pas lässt sich in der heutigen Zeit kaum noch reparieren, weil sich Videos, die zur Peinlichkeit neigen, rasch verbreiten.»
Ein gutes Beispiel, wie Personalgewinnung mit Video wunderbar gelingt, ist für Jörg Buckmann die deutsche Pizza- und Pasta-Restaurant-Kette «L’Osteria».
Auf der Karriere-Website des Unternehmens heisst es zuerst einmal: «Wir wollen NICHT, dass du für „L’Osteria“ arbeitest.» Peng! Die Verantwortlichen wollen nicht, dass jemand FÜR «L’Osteria» arbeitet, sondern, dass das Personal «L’Osteria» IST. It’s all about Team-Spirit!
Dieser Team-Spirit wird darum in den Job-Videos und auf der Karriere-Website des Unternehmens konsequent vermittelt, somit erhalten Interessierte einen authentischen Einblick ins Unternehmen. Es geht um Arbeitskollegen, Chefinnen, auch um Hektik und anstrengende körperliche Arbeit, um das Miteinander und den Spass. Die Protagonisten sind Mitarbeiter des Unternehmens und keine teuer angeheuerten Schauspieler. Authentizität pur!
Buckmann definiert das Rezept hinter dem Erfolg der «L’Osteria»-Personalgewinnung mit den Worten des amerikanischen Regisseurs John Cassavetes: «Sagt einfach, was ihr seid. Das ist allemal genug.»
Tatüütataa
In der Personalwerbung verblüffen oftmals gerade die Unternehmen und Organisationen, von denen man es am wenigsten erwartet. Ein gutes Beispiel sind Blaulichtorganisationen. Heute hat es die Polizei fast in ganz Europa schwer, genügend Nachwuchs zu finden. Darum werben sie auch so richtig frechmutig; jedes Fahndungsmittel ist recht.
Die Kantonspolizei Schwyz beispielsweise hat es mit ihrem Slogan «Fehlt Deinem Leben die Würze? Wir haben die Lösung!» verbunden mit dem Bild eines Pfeffersprays bis in die Online-Portale und gedruckten Zeitungen geschafft. Katholisch-Konservativen ging das zu weit, Buckmann hingegen findet die Idee «wohltuend frechmutig mit Sinn für Ironie».
Ganz simpel und kostengünstig, dafür umso auffallender wirbt auch die Kantonspolizei Zürich um Nachwuchs. Souverän-lässig heisst es auf den Dienstfahrzeugen, welche rund um die Uhr präsent sind: «Lust mitzufahren? (Vorne natürlich)». Darunter nur noch der Link zur Jobwebsite.
Jörg Beckmann weiss wieso das funktioniert: «Kreativität schlägt Geld» und «Ironie ist ein effizientes Stilmittel in der Personalwerbung und Humor macht Jobs generell attraktiv.»
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