HR-Know-how Human Resource Management

Dringend und wichtig: Das HR auf Augenhöhe mit dem Business

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Im seinem interessanten Buch „Auf Augenhöhe – wie professionelles Personalmanagement funktioniert“ zeigt Peter Körner, wie modernes Personalmanagement gestaltet sein sollte. Er gab uns ein ebenso interessantes Interview mit klaren und pointierten Aussagen.

Herr Dr. Körner, warum haben es HR-Leute in der Regel schwerer, die ihnen zustehende Anerkennung zu erhalten?
HR und das Business denken anders und verfolgen Pfade zur Zielerreichung. Deshalb sprechen menschenorientierte Personaler und zahlenorientierte Linienmanager häufig aneinander vorbei – selbst wenn sie sich im Grundsatz über den einzuschlagenden Weg einig sind. Während Vorstände, Geschäftsführungen und die nachgeordneten Führungskräfte Wirtschaftsunternehmen immer strenger nach rationalen und betriebswirtschaftlichen Kennzahlen steuern und fast ausschliesslich an ihren finanziellen Erfolgen gemessen werden, versteht sich HR noch immer als oberster Sachwalter der menschlichen Belange im Betrieb.

Das mag beim operativen Management auf Sympathie stossen – angesichts des wachsenden Drucks auf die Ergebnisse der wirtschaftlichen Tätigkeit aber nicht auf Verständnis. Und was man nicht versteht, das kann man nicht objektiv würdigen. HR würde mehr Anerkennung beim Business gewinnen, wenn es sich ein Stück weit dessen Denk- und Handlungsweise zu eigen machen würde.

Man hat manchmal den Eindruck, dass sich Unternehmen mehr um Technologien und Aktienkurse kümmern, als um deren Mitarbeiter. Wäre dem so – und es weist ja vieles darauf hin –, ist es für das HR doch unheimlich schwer, wenn nicht unmöglich, dagegen anzukämpfen, da dies eine Geisteshaltung wäre, die nicht einfach aus der Welt geschafft werden kann?

Aber sicher kann HR einen positiven Einfluss ausüben auf das Management. Es muss nur klug – und das heisst, in der Sprache des Business – argumentieren. Mitarbeiter verursachen nämlich nur Lohnkosten, sondern auch Wartungskosten, nämlich Qualifizierungskosten, Mobilitätskosten, Gesundheitskosten, Veränderungskosten, Such- und Integrationskosten und Motivationskosten, um nur die wichtigsten Kostenblöcke zu nennen. Gute HR-Arbeit verringert diese Kosten. Genau das ist der Wertbeitrag von HR. Mit Klarheit, Einfachheit, Transparenz und wachem Sinn für die Vermarktung ihrer Leistungen können Personaler den Vorstand und die Fachbereiche durchaus vom Sinn der Personalarbeit überzeugen.

Ist es nicht auch eine Frage der Unternehmenskultur? Es gibt Unternehmen, und es sind meistens die sehr erfolgreichen, wie Microsoft oder Google, bei denen das Human Resource Management eine Position in der Geschäftsleitung hat und die für ihre Mitarbeiter sehr viel tun.

Die innovativsten und langfristig erfolgreichsten Unternehmen zeichnen sich aus durch ein attraktives Image als Arbeitgeber, eine besondere Leistungskultur und eine einzigartige Qualität der internen Zusammenarbeit. Das kommt nicht von ungefähr, vielmehr ist es das Ergebnis einer aussergewöhnlich konsequenten Personalarbeit, die sich vorbehaltlos den strategisch wichtigsten Themen stellt und beharrlich auf ihre Ziele hinarbeitet. Eine solche HR-Leistung wird in den obersten Führungsgremien der Unternehmen erkannt und anerkannt. Und deshalb haben Sie mit Ihrer in der Frage liegenden Annahme vollkommen Recht: Als äusseres Erkennungszeichen solcher wirklich gut geführten Unternehmen ist die HR-Spitzenfunktion regelmässig in den obersten Führungsgremien vertreten.

Muss das HR nicht auch lernen – ein wenig salopp ausgedrückt –, sich besser zu verkaufen, mehr Überzeugungsarbeit zu leisten und selbstbewusster aufzutreten?

In den zurückliegenden zehn, zwölf Jahren haben viele Unternehmen den Status ihrer HR-Bereiche zu dem eines strategischen Businesspartners aufgewertet, ob im Grundsatz, namentlich oder beides. Mit dieser Zuschreibung wird der eigenständige Wertbeitrag der HR zum Unternehmenserfolg vom Business anerkannt. Aber der wird nun auch eingefordert!

Das bedeutet: HR muss Leistung und Leistungsnachweise liefern – und darf sich nicht zu fein dafür sein, auf seine Ideen, Lösungen und Erfolge aufmerksam zu machen. Zu glauben, gute Leistung würde auch ohne explizite Hervorhebung erkannt, zeugt von Naivität.

Es macht sehr viel Sinn, wenn Sie in Ihrem Buch sagen, Personaler sollten stärker auch das Geschäft als solches (er)kennen und einbeziehen. Worauf kommt es dabei besonders an – und ist es nicht schwierig, nebst den ohnehin komplexen HR-Herausforderungen auch noch ein ganzes Business zu verstehen?

Mit allem Respekt: Vor dieser Aufgabe stehen sämtliche Mitarbeiter. Niemand kann seine Aufgabe, und sei es die des allerkleinsten Rädchens im Getriebe, auch nur einigermassen zufriedenstellend ausfüllen, wenn er oder sie nicht zumindest grob überblickt, auf welchen Märkten das Unternehmen unterwegs ist, wohin es will, wie gut seine Chancen dafür stehen und wo die grössten Herausforderungen lauern. Innerhalb dieses Rahmens muss HR sein Produkt- und Leistungsspektrum optimieren: Gute, innovative und einfache, am besten sich selbst erklärende Produkte und Services, die von dem Management und der Belegschaft gerne abgenommen werden.

Dafür muss der Nutzen einen neuen Produktes oder eines neuen Services für die Fachabteilung allerdings klar auf der Hand liegen und sein Vorteil grösser sein, als der damit einhergehende Aufwand. Und um das leisten zu können, muss HR die Ziele, die Mechanismen, die Chancen und die Risiken des Business verstehen.

Konkret: Eine junge Personalleiterin tritt eine neue Stelle an. Mit welchen konkreten Massnahmen und Verhaltensweisen kann sie schon in den ersten Wochen auf Augenhöhe mit dem übrigen Management gelangen?

Sie sollte ihre Funktion als Dienstleisterin für die Fachabteilungen innerlich bejahen und nach aussen, nämlich zu diesen und zum Management hin, vom ersten Tag an unter Beweis stellen. Das macht sie, in dem sie möglichst bald mit dem Management und mit den Fachbereichsleitungen spricht und sich bei diesen nach deren Erwartungen an HR und nach deren konkreten Bedarf heute und morgen erkundigt.

Diese Anforderungen trägt sie in HR hinein und untersucht zusammen mit ihrem Team, inwieweit das gegenwärtige Leistungsportfolio den genannten Bedarf deckt, wo Lücken sind und wo sich ein Überangebot auftut. Es ist die oberste Aufgabe von HR, die Nachfrage des Business mit dem Angebot des Personalbereichs in Übereinstimmung zu bringen. Erst wenn diese Pflicht bewältigt ist, kann die Kür in Angriff genommen werden. Ich verstehe darunter unter anderem, realistische Zukunftsszenarien für die Fachabteilungen zu entwickeln und die Personalarbeit darauf auszurichten.

Ihre Kernaussage „Der Personalbereich muss sein Wissen und Know-How mit den Denkweisen im Business kombinieren und dadurch echten Mehrwert für das Unternehmen und einen höheren Stellenwert für sich selbst erzeugen“ ist sehr interessant und zutreffend. Können Sie uns dafür zwei bis drei Beispiele nennen?

Sie fragen nach der Darstellung, man könnte auch sagen: nach der Vermarktung der HR-Leistung. Das ist im Grunde nicht schwer. Wenn zum Beispiel eine Fachabteilung mit ihren Wünschen und Bedürfnissen an Personal herantritt, dann überlegt sich HR eine Lösung und stellt diese zeitnah zur Verfügung. Noch besser: HR versetzt sich in die Lage des internen Kunden und liefert vorauseilend Ideen und durchdachte Konzepte, mit denen es deren Arbeit erleichtern könnte.

Solange sich HR nicht mit abstrusen Angeboten überschlägt und das Business damit zur Verzweiflung treibt, ist nichts gegen die antizipative Produktentwicklung einzuwenden – ganz im Gegenteil: Keine Führungskraft wird sinnvolle und einen tatsächlichen Bedarf deckende Unterstützung seitens der Personalabteilung ablehnen.

Zu denken wie das Business bedeutet, sich den Kopf der Kollegen zu zerbrechen und Lösungen für deren Probleme und nicht für die Probleme oder das interne Standing der HR-Abteilung zu entwickeln. Dann folgt die Aufwertung von HR nämlich automatisch. Wobei eines unabdingbar ist: HR muss viel stärker als bisher seine Leistung und seine Fortschritte erheben, dokumentieren und darauf aufmerksam machen. Wer Applaus bekommen möchte, muss zuvor eine erstklassige Vorstellung abliefern.

Auch Ihre Buchaussage „HR führt Unternehmens- und Mitarbeiterinteressen zusammen“ trifft den Nagel auf den Kopf. Was muss ein Personaler hier konkret veranlassen?

Eines der wichtigsten Instrumente ist das Total Workforce Management, die quantitative wie auch qualitative Personalplanung. Die Fähigkeit von HR, sich über den gegenwärtigen Personalbedarf hinaus um den Personalbedarf von morgen zu kümmern, wird immer noch weit unterschätzt. Es steht gleichermassen im Interesse des Unternehmens als Ort der wirtschaftlichen Leistungserbringung wie auch in dem der Mitarbeiter, dass zukünftig benötigte Kompetenzen ausgebildet, weitergebildet und vorgehalten werden. Doch dafür braucht HR möglichst konkrete Vorgaben des Business.

Wenn die Personalplanung unter dem Primat der grösstmöglichen Flexibilität für die Zukunft des Unternehmens stehen soll, dann muss HR nicht nur die nächste Haltestelle kennen, sondern das Ziel und die komplette Reiseroute. Weil sie nämlich erst dann ihre ganze Professionalität unter Beweis stellen und simultan die Beschaffung für heute und die geeigneten Entwicklungsmassnahmen für den Bedarf von morgen planen kann und erst so zu einem wirklichen Businesspartner wird.

Sie sagen in Ihrem Buch auch, dass sich HR voll und ganz auf Forderungen und das Denken im Business einlassen muss. Gibt es aber nicht Situationen, wo es die Standpunkte und Interessen der Mitarbeiter vertreten sollte, wenn sich Interessengegensätze auftun, um das Vertrauen und die Reputation der Mitarbeiter zu sichern?

Jedes Zweiergespräch mit einem nicht zu HR gehörenden Kollegen oder einer Kollegin, jedes Meeting und jede Konferenz sollten von HR als willkommene Gelegenheiten betrachtet werden, um ein Verkaufsgespräch zu führen. Die Kernbotschaft muss immer lauten: HR ist fähig, hellwach und ständig für das Business da. Nun ist es aber durchaus denkbar, dass die Fachabteilungen einmal vor lauter Wald die Bäume nicht mehr sehen und Forderungen an HR stellen, die objektiv falsch oder subjektiv überzogen sind.

Natürlich muss HR dann seiner Beraterpflicht nachkommen und, wenn die Einwände nicht gehört werden wollen, mit dem Business in den Clinch gehen. Also hoch zum Management eskalieren – und hier wird sich letztlich zeigen, wie gut HR das Business kennt und zu argumentieren versteht.

Ganz kurz auf einen Nenner gebracht – mit welchen drei Prinzipien, Strategien oder Vorgehensweisen erreicht es das HRM am schnellsten und wirksamsten, auf Augenhöhe mit dem Management zu kommen?

Als erstes müssen die Hausaufgaben erledigt werden – in meinem Buch nenne ich es „Fix the Basics“. Aus den regelmässig und pünktlich zu erbringenden Services für die Fachabteilungen wie das Ausstellen von Bescheinigungen und das Beantworten von Anfragen aller Art, Gehaltsabrechnungen, Urlaubs-, Krankheits-, Trainings- und Geschäftsreisemeldungen, Reisekostenabrechnungen, Stellenbesetzungen, Kündigungen und Meldungen an die Statistik bezieht HR ihre oberste Legitimation. Nur wenn sich das Business auf die eingeübten Routinen des Personalressorts verlassen kann, findet HR Verständnis sowohl für sondersituationsbedingte Engpässe wie für zusätzliche Anforderungen an die Fachbereiche.

Als Zweites – noch bevor man über all die grossen Dinge diskutieren kann, die HR initiieren, begleiten und wertschöpfungssteigernd leisten kann – müssen die Strukturen, Organisation und Prozesse stehen. Und zwar für das Management und für alle Belegschaftsmitglieder sichtbar.

Und als Drittes bis n-tes müssen HR-Manager und HR-Managerinnen ihre Blicke auf die gesamte Organisation richten und das, was sie sehen und wahrnehmen, gegenüber dem Top-Management und den Fachbereichen widerspiegeln. Es wird ihnen gelingen, wenn sie hehre Motive haben, geeignete Mittel und Instrumente, wenn sie sich ihrer Leistungsfähigkeit vollauf bewusst sind und wenn sie sich die Gelegenheit verschaffen, ihre Performance unter Beweis zu stellen.

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1 Kommentar zu “Dringend und wichtig: Das HR auf Augenhöhe mit dem Business

  1. Urs Amacher

    Einfach einige Business-Sprüche übernehmen (und dann erst noch solche wie Wartungskosten für Mitarbeiter…?) und Marketing-Feldzüge für HR-Leistungen starten? Glaube nicht, dass das Problem hier liegt. Wo das HR nicht geschätzt wird, werden auch Mitarbeiter nicht respektiert und solche Unternehmen sind zu meiden bwz. zu verlassen. Einige Aussagen sind aber schon richtig, z.B. wenn es um das bessere Business-Verständnis von HR-Leuten geht.

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