Arbeitgeber-Bewertungsportale schaffen Transparenz und sind für Arbeitgeber und Arbeitnehmer gleichermassen interessant. Glassdoor, das weltweit grösste Bewertungsportal aus den USA, ist auch in Europa präsent.
Die innovativen und interessanten Leistungen und Mehrwerte von Glassdoor, dem „TripAdvisor für Arbeitgeberbewertungen“, sind:
– Gehaltsvergleiche und Suche nach Gehaltsbandbreiten
– Arbeitgeber-Bewertungen nach dem Give-to-get-Prinzip
– Möglichkeit zum Hochladen von Arbeitgeber-Fotos
– Möglichkeit zur Stellungnahme von Bewertungen
– Vorbildliche Mobile-Präsenz mit leistungsfähiger App
– Finden und Bewerten von Interviewfragen nach Jobtitel
– Aufzeigen ähnlicher Unternehmen bei Stellenportraits
Innovative und interessante Mehrleistungen
Glassdoor ist mit weltweit 27 Millionen Mitgliedern und 340 000 erfassten Unternehmen zweifellos ein professioneller und erfahrener Anbieter, vor allem was Gehaltsvergleiche und höchste Transparenz auch in anderen Bereichen betrifft. Der Trend der Machtverschiebung vom Anbieter zum Konsumenten nimmt damit auch vom Arbeitgeber zum Arbeitnehmer im Arbeitsmarkt an Fahrt auf. Auch das Give-to-get-Prinzip macht Sinn, dass Nutzer erst dann freien Zugriff auf alle Informationen erhalten, wenn sie eigene Beiträge verfasst haben. Dies kommt mit Sicherheit auch der Qualität und Seriosität der Inhalte zugute.
Stellungnahmen und Reputationsanalysen
Die Möglichkeit zur Stellungnahme zu Bewertungen für Arbeitgeber kann Stellensuchende allerdings auch verunsichern und berechtige Kritik abschwächen, ist aber andererseits auch ein Beitrag zu mehr Objektivität und Ausgewogenheit und eine Möglichkeit für Arbeitgeber, bei ungerechtfertigten „Frust-Bewertungen“ Gegensteuer zu geben und zu intervenieren. Möglich sind auch einfache Reputationsanalysen, das Erstellen von Vergleichen mit anderen Unternehmensprofilen und das Eruieren von für die Rekrutierung und die Arbeitgebermarke relevanten Faktoren.
Interessanter Mix und Transparenz
Glassdoor will nicht primär mit der Vernetzung seiner Mitglieder punkten, was ein möglicherweise kundengerechtes Unterscheidungsmerkmal ist, vor allem wenn dafür Transparenz und Qualität und Quantität von Arbeitgeber-Informationen priorisiert werden. Der Mix von Jobportal, Online-Community und Bewertungsportal ist interessant und bietet die Chance, Substanz und Menge von stellenrelevanten Informationen zu erhöhen. Die Transparenz ermöglicht es Mitarbeitern mit Unternehmen auf gleicher Augenhöhe zu verhandeln – und nicht nur Arbeitgeber sondern auch ehemalige Arbeitnehmer können Unternehmen nun Zeugnisse ausstellen.
Aufbereitung der Informationen
Verbessern sollte Glassdoor allerdings die Strukturierung und Übersichtlichkeit der Unternehmensportraits, die sich etwas durcheinandergewürfelt und unaufgeräumt präsentieren und den Eindruck erwecken, von allem ein wenig, aber von nichts wirklich Substanzielles zu bieten. Gleiches gilt für die Stellenanzeigen, die teilweise als öde unstrukturierte Textwüsten daherkommen – vermutlich das Resultat wenig professioneller Datenimporte. Hier hat kununu die Nase eindeutig vorn, auch sein Look & Feel ist bei Unternehmensportraits und Stellennazeigen moderner, geordneter und ansprechender. Die Suchmöglichkeit nach Gehältern nach Unternehmen und Positionen ist zwar interessant, die Überbetonung der Gehälter ist allerdings zuweilen auch störend und trifft ja auch nicht immer die primär relevanten Bedürfnisse von Jobsuchenden.
Wie steht es um den Datenschutz?
Ob Glassdoor als amerikanisches Unternehmen bezüglich Datenschutz und -umgang sich das Vertrauen erarbeiten kann, wird sich noch zeigen. Diesbezügliche Skepsis und Zurückhaltung sind in Europa berechtigterweise gross. Dass das Portal bereits jetzt im Verdacht steht, sich ohne Kenntnis der Stellenanbieter mit Daten einer eng verbundenen BigData-Firma zu
versorgen, bestärkt diesbezügliche Skepsis. Das verwirrende Haken-Setzen bei den Datenfreigaben für Dritte kommt im ohnehin etwas holprigen Bewerbungsprozess hinzu. Und dass beim Aufruf von Unternehmen von Traumjobs wenig zu sehen ist, dafür aber an erster Stelle ein Job für einen US-Offizier 🙂 erscheint, alsbald gefolgt von der US-Airforce als Arbeitgeber, wirkt ebenfalls recht befremdlich, unausgereift und auch nicht optimal organisiert.
Wenn Transparenz zu viel des Guten wird
Als kritisch könnte sich auch die rechtliche Seite beim Publizieren von Arbeitsplatz-Fotos erweisen. Logos und Firmengebäude, wie sie zurzeit dominieren, geben sicherlich keine substanziellen Mehrinformationen – die findet man auf Employer Branding-Hochglanz-Broschüren und Karriere-Websites ebenso. Auch wie das Scanning von Arbeitgebern letztendlich langfristig ankommt und was es bewirkt, wenn kalte Grossraumbüros und ausbeuterische Löhne auf breiter Front publik werden und zu reden geben, bleibt abzuwarten. Glasssdoor sollte bedenken, dass Europa in vielem anders tickt, als die USA und eine andere Arbeitskultur hat.
Fazit
Glassdoor ist eine interessante Alternative zu bestehenden Portalen mit neuen und innovativen Leistungen, welche den Wettbewerb beleben und Arbeitnehmern und Arbeitgebern gleichermassen sinnvolle Mehrwerte bietet. Doch es gibt noch einiges an „room for improvement“, um es mal gelinde und zurückhaltend auszudrücken. Zudem hat Glassdoor mit kununu auch einen starken, etablierten und ebenso professionellen Mitbewerber mit ausgeprägtem Qualitätsbewusstsein und einem entscheidenden Vorsprung: dem bereits erworbenen Vertrauen seiner Nutzer.
Vor allem die Überzeugungsarbeit bezüglich Datenschutz-Vertrauen wird sich wohl als nicht so einfach herausstellen. Glassdoor sollte auch vorsichtig sein, nicht um jeden Preis auf Masse und schnelles Wachstum, sondern auf Klasse, Qualität und Sorgfalt zu setzen. Auch hier hat kununu mit Xing im Hintergrund und einem organischen Wachstum die besseren Karten. Sonst verblassen die innovativen Leistungen schnell – denn es ist auch hier der Content und nicht die Features, die letzten Endes zählen.
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