Der Begriff Zielvereinbarung übt eine ausgesprochen grosse Attraktivität aus, sodass mitunter in Theorie und Praxis sämtliche Zielfestlegungen – auch die blanke Zielvorgabe – als Zielvereinbarungen ausgegeben werden. Mit fatalen Folgen.
Dabei wird rundweg unterschlagen, dass es in jeder Organisation Situationen gibt, in denen Ziele vorgegeben werden und keinerlei Verhandlungsspielraum besteht. Erlebt der Mitarbeiter, dass er keine Mitwirkungsmöglichkeiten hat, wird er es bei ehrlicher Offenlegung der Umstände wohlmöglich für völlig nachvollziehbar empfinden. Wird ihm aber zugleich die Zielvorgabe als Vereinbarung verkauft, so fühlt er sich zu Recht nicht ernst genommen und wird den eigentlichen Zielvereinbarungen mit Skepsis gegenüberstehen.
Die positiven Wirkungen, die aus wirklichen Zielvereinbarungen entstehen, werden durch die begriffliche Schlamperei unklar und verwässert. Wenn Führungskräfte die Zielvorgabe auch als Zielvereinbarung ansehen, gibt es allerlei Alltagsgründe, Ziele einfach vorzugeben: Zeit wird gespart und aufwändige und anstrengende Dialoge werden vermieden.
Empfehlungen:
Prüfen Sie, ob der Mitarbeiter bei der Bestimmung eines einzelnen Ziels wirklich eine Mitwirkungsmöglichkeit hat. Sprechen Sie nur dann von einer Zielvereinbarung.
Gibt es keine Mitwirkung für den Mitarbeiter, so sprechen Sie klar von einer Zielvorgabe, erläutern Sie die Gründe und begründen Sie den Sinn und den Inhalt, die Chancen und Risiken des Ziels. Ihre Offenheit wird sich auszahlen.
Was macht den Begriff „Vereinbarung“ so attraktiv? Gemeinhin verstehen wir unter einer Vereinbarung das Ergebnis einer zunächst sehr offenen Verhandlungssituation, in der sich zwei Partner in weitgehend gleichgewichtiger Machtposition gegenüberstehen. Jede Verhandlung eröffnet eben auch die Möglichkeit, dass die Partner ohne Vereinbarung und Vertrag auseinander gehen.
In Unternehmen und Institutionen ist der Gedanke herrschaftsfreier Räume mit gleichberechtigten Partnern Illusion, bestenfalls gesellschaftspolitische Utopie. Die so genannte freie Entscheidung und Gleichberechtigung, die landläufig einer Vereinbarung unterstellt werden, sind bei einer Zielvereinbarung in Organisationen nicht gegeben. Zielvereinbarungen ermöglichen in einigen Bereichen Mitwirkung und Beteiligung, ändern aber nichts am gängigen Machtgefüge.
Allein die Festlegung der Ziele für jeden Bereich und jeden Mitarbeiter folgt den Zielsetzungen der übergeordneten Ebenen. Dadurch ist der Mitwirkungsgrad in der Regel auf einen meist engen Ausschnitt des Zielinhalts, auf gewisse Aspekte der Zielhöhe und eventuell den Umfang der zur Verfügung stehenden Ressourcen begrenzt.
Wir führen dies nicht an, um den Effekt von Mitwirkung und Zielvereinbarung klein zu reden. Im Gegenteil: Um den Nutzen von Zielvereinbarungen in der Praxis zu erreichen, ist ein realistisches Verständnis nützlich. Missdeutungen und Illusionen gleich welcher Art schaden nur.
Zielvereinbarungen setzen Mitwirkung und Beteiligung voraus, stärken in der Folge die Motivation und Zufriedenheit. Für jede Organisation ist die Ausrichtung aller Aktivitäten auf das oberste Organisationsziel entscheidend. Um das wirkungsvoll und nachhaltig zu erreichen, wird mehr und mehr der Weg der Zielvereinbarungen beschritten.
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